Design Thinking – kreative Ideenfindung mit Methode
Wer nach ungewöhnlichen Lösungen und neuen Wegen sucht oder etwas weiterentwickeln möchte, der weiß, dass es nicht immer ausreicht, über das jeweilige Thema einfach möglichst viel zu wissen. Vielmehr benötigen Innovationsprozesse kreative und ideenanregende Lösungsansätze. Diese zu entwickeln ist indes nicht immer leicht. Hier können agile Kreativitätsmethoden wie Design Thinking helfen.
Design Thinking beschreibt eine systematische Herangehensweise an komplexe Problem- oder Aufgabenstellungen. Die Methode setzt dabei auf interdisziplinäre Teams, Visualisierung und klar umrissene Schritte zur Ideenfindung, in deren Zentrum der Mensch/Nutzer und seine Bedürfnisse stehen. Durch Aufstellen von Hypothesen und durch Ausprobieren nähern sich die Teilnehmer Lösungen und bleiben dabei immer flexibel. Das macht das Design Thinking so effizient und damit letztlich auch kostengünstig. Hört sich gut an? Ist es auch. Aber man muss den Prozess auch beherrschen und das dem Ganzen zugrunde liegende Mindset verinnerlicht haben.
Komplexe Anforderungen erfordern innovative Lösungen
Ein wesentlicher Grundgedanke beim Design Thinking ist, dass es Einzelpersonen allein – selbst als Spezialist – heutzutage fast unmöglich ist, den immer komplexeren Anforderungen an die Entwicklung eines neuen Produktes, neuer Dienstleistungen und Services gerecht zu werden. Die Lösung liegt in einer co-kreativen Zusammenarbeit, wobei die Zusammensetzung des Teams und dessen Grundeinstellung von besonderer Bedeutung für den Erfolg sind.
Besonders gut sind Menschen geeignet, die „T-shaped“ sind: Sie verfügen sowohl über ein tiefgreifendes Fachwissen (vertikal) als auch über Kooperationswillen, „Schnittstellenfähigkeit“ sowie Empathie, also die Fähigkeit, sich gut in andere Menschen hineinzuversetzen (horizontal).
Das Verhalten des Teams sollte idealerweise „U-shaped“ sein, also für eine sichere Atmosphäre sorgen, denn das bedeutet auch ein höheres Maß an Produktivität. Denn nur, wer sich sicher fühlt, wird auch unorthodoxe Ideen vorbringen und „über den Tellerrand“ hinaus es wagen, Gedanken zu formulieren, ohne Angst, für einen etwaigen Fehler ausgegrenzt zu werden.
Der Prozess des Design Thinkings
Der Design-Thinking-Prozess an sich ist durch 6 Phasen gekennzeichnet. Diese lassen sich durch divergentes sowie konvergentes Denken und Handeln voneinander abgrenzen und können in iterativen Schleifen auch mehrfach durchlaufen werden.
Basis zur Entwicklung neuer Ideen oder sogar echter Innovationen ist immer die Erforschung der Nutzerbedürfnisse. Demzufolge beginnt der Prozess mit dem Versuch, den potentiellen Nutzer erstens möglichst gut zu verstehen und zweitens ihn und das gesamte Umfeld genau zu beobachten und entsprechende Schlüsse daraus zu ziehen.
Erst jetzt kann das Team aus den diversen, oft auch durchaus unterschiedlich interpretierten Erkenntnissen eine kondensierte Aussage zum Bedarf und der übergeordneten Sichtweise auf das Problem des potentiellen Nutzers treffen – dem „Point of view“. Diese grundlegende Aussage ist die Basis des nächsten Schrittes – der Ideenfindung.
Die Ideenfindung ist zunächst von einem stark divergenten Denken geprägt. Es kommen verschiedenste Techniken, wie Brainstorming, 6-3-5 Methode etc. zum Einsatz, mit dem Ziel, so viele Ideen und Ansätze wie möglich zu kreieren.
Erst in einer zweiten, konvergenten Phase des Prozesses, werden diese Ideen geclustert und durch Bewertung geordnet und selektiert.
Dies ist einer der schwierigsten Momente für das Team, denn bei der Selektion können immer wieder Konflikte in der Bewertung einzelner Ideen auftreten – für die Gruppe ist es dann manchmal schwierig, im Prozess zielstrebig weiter voranzukommen. Diese Phase ist also nicht simpel und braucht sehr gute Vorbereitung und viel Disziplin. Jeder, der schon einmal in dieser sogenannten „Groan-Zone“ gefangen war, weiß, dass hier Erfahrung und gutes Gespür eines Facilitators wesentlich dafür sind, die divergente Denkhaltung und Iteration zu verlassen und das Team auf eine Idee oder zumindest einige wenige Lösungsansätze zu fokussieren.
Ist das gelungen, kann sich die Gruppe daran machen, für diese Ideen Prototypen zu entwickeln. Dies ist ohne Frage eine der aufwändigsten Phasen, aber auch eine der spannendsten und spaßigsten. Dinge zu visualisieren, anfassbar zu machen, gibt dem Team die Möglichkeit, sie mit dem potentiellen Nutzer zu testen und somit schnell Feedback von diesem zu erhalten. Der große Vorteil dieser Herangehensweise ist, dass auch hier das Motto „Fail often. Fail early.“ letztlich zur Effizienz des Gesamtprozesses beiträgt. Basierend auf dem Feedback werden die Prototypen immer weiter verfeinert, bis am Ende schließlich ein fertiges Ergebnis steht.
Nun ist endlich die Zeit der Umsetzung gekommen.
Welche Effekte können Sie vom Design Thinking erwarten?
In allererster Linie werden Innovationen effizienter erarbeitet. Dies drückt sich unter anderem in geringeren Kosten und damit erhöhter Profitabilität aus. Da es sich beim Design Thinking um einen „human centered“ Ansatz handelt, werden die potentiellen Nutzer im Zentrum der Fragestellung viel stärker integriert, nicht zuletzt bis hin zum Testen der Prototypen. Aber auch ein interner Effekt ist zu beobachten. Die allgemeine Arbeitskultur in Unternehmen oder Abteilungen, die Design Thinking anwenden, verbessert sich. Das notwendige Mindset führt fast automatisch zu einem anderen Umgang mit Mitmenschen und Meinungen, was dem allgemeinen Arbeitsklima zugutekommt.
Interessant ist übrigens auch eine gewisse Analogie des iterativen Vorgehens bei Software-Entwicklungsmethoden wie Scrum und Kanban. So wird beim Scrum mit den Iterationen der Sprints gearbeitet und auch dort werden verschiedene Phasen der Analyse, des Prototypings und der Evaluation durchlaufen.
Autor: Dr. Matthias Debarry
Senior Creative Consultant